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Der Wohnbau in Wien ist im Pausenmodus

Projekte sind da und fertig, aber auch große Immobilienfirmen warten ab. Der Wiener Wohnungsmarktbericht 2024 warnt vor Folgen vor allem für Mieter.

Deck Zehn – das jüngste fertiggestellte Projekt der Buwog im 10. Bezirk.
Deck Zehn – das jüngste fertiggestellte Projekt der Buwog im 10. Bezirk.

In Wien gibt es zu wenig Mietwohnungen - und es wird noch schlimmer. Davon geht der Wiener Wohnungsmarktbericht 2024 aus, den die Wohnungsgesellschaft Buwog und der Immobilienmakler- und -dienstleister EHL gemeinsam erstellen. Demnach werden in der stark wachsenden Bundeshauptstadt heuer bzw. nächstes Jahr nur 2550 bzw. 2750 frei finanzierte Wohnungen fertig, nicht einmal halb so viele wie in den beiden Jahren davor. Für 2026 wird überhaupt nur mit der Fertigstellung von 800 frei finanzierten und 3400 geförderten Mietwohnungen gerechnet - was die ohnehin stark gestiegenen Mieten ab nächstem Jahr drastisch erhöhen könnte.

"Derzeit rechnet es sich nicht, ein Mehrfamilienhaus zu bauen, trotz höherer Mieten", betont Daniel Riedl, Vorstand der Buwog-Mutter Vonovia, bei der Präsentation des Berichts am Mittwoch. Die erzielbaren Verkaufspreise deckten nicht einmal die - stark gestiegenen - Bau- und Finanzierungskosten ab. Bei Eigentumswohnungen sei die Nachfrage zwar stabil, wegen der strengeren Kreditvergaberegeln und wegen des Zinsanstiegs werde aber wenig verkauft.

Die Branche hofft nun auf eine schrittweise Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB), die 2025 die Kauflust und die Wohnungspreise wieder steigen lässt. Und darauf, dass die Regierung das angedachte Baupaket umsetzt.

Bis dahin herrscht offenbar Stillstand. "Auch wir haben die Pause-Taste gedrückt", sagt Buwog-Geschäftsführer Andreas Holler. Es werde zwar weiter geplant, Projekte werden baureif gemacht, neue Modelle wie Mietkauf entwickelt, aber keine Bauarbeiten gestartet. Sollten die Wahlen im Herbst auf Bundesebene und nächstes Jahr in Wien staatliche Anreize verzögern, könnte das die Lücke im Wiener Wohnmarkt vergrößern und die Preise noch weiter treiben, warnt Holler.

Insgesamt werden heuer in Wien rund 13.200 Wohnungen fertiggestellt, nach 15.600 im Vorjahr. 2025 und 2026 wird ein Rückgang auf unter 10.000 bzw. unter 6000 Einheiten erwartet, nachdem die Baubewilligungen 2023 auf 11.500, den niedrigsten Wert seit 2015, gesunken sind und nach etlichen Projektverschiebungen nicht sicher ist, wann diese fertig werden.

Die Buwog, mit knapp 22.000 Wohnungen in Österreich einer der großen Player, hat voriges Jahr 650 Wohnungen auf den Markt gebracht. Aktuell sind laut Riedl 6000 Wohneinheiten mit einem Investitionsvolumen von 1,75 Mrd. Euro in der Pipeline.

Nicht nur die Immobilien- und die Baubranche fordern, bald etwas gegen die Vollbremsung im Wohnbau zu tun. Die Talsohle sei noch nicht erreicht, dies habe zunehmend negative Auswirkungen auf Handwerk und Gewerbe - und somit auch auf den Arbeitsmarkt, sagte Michael Klien, Experte am Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo), am Mittwoch im Ö1-"Morgenjournal". Wegen der langen Vorlaufzeit von Bauprojekten müsse rasch gegengesteuert werden.

Klien schlägt vor, der Bund sollte am Kapitalmarkt Geld aufnehmen und dieses den Ländern zweckgebunden für den Wohnbau zur Verfügung stellen. Die Mittel sollten nicht nur für gemeinnützige Bauträger, sondern auch für Private verfügbar sein. Es gehe um mehrere Hundert Millionen Euro, die 300 Mill. Euro, die im Finanzausgleich vorgesehen seien, würden nicht reichen. Robert Jägersberger, Bundesinnungsmeister des Baugewerbes, fordert allein für den mehrgeschoßigen Wohnbau 500 Mill. Euro pro Jahr.

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