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Josef Fanninger: "Die EU wird unter ihrem Wert verkauft"

Die Europawahl hat in den vergangenen Jahren nur vergleichsweise wenige Pongauerinnen und Pongauer in die Wahllokale gelockt. Die EU-Skepsis ist hierzulande weiterhin hoch. Die PN haben mit Josef Fanninger, Leiter des Europe Direct Zentrums in Bischofshofen, über die Gründe dafür gesprochen.

Josef Fanninger leitet das Europe Direct Zentrum Salzburg Süd in Bischofshofen.
Josef Fanninger leitet das Europe Direct Zentrum Salzburg Süd in Bischofshofen.

Am 9. Juni findet die Europawahl statt. Das Interesse daran war zuletzt eher mau. 2019 war die Wahlbeteiligung im Pongau mit 58,5 % sogar außerordentlich hoch. Bei den drei Wahlgängen davor hatten gerade einmal knapp über 40 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben.

Österreicher sind EU-skeptisch

Mit dem enden wollenden Interesse an der EU-Politik geht in Österreich auch eine vergleichsweise negative Meinung zur EU einher. Laut einer Eurobarometer-Umfrage bewerten hierzulande nur 42 % die Unionsmitgliedschaft positiv - so wenig wie nirgendwo sonst. 35 % stehen der Mitgliedschaft neutral gegenüber, 22 % sehen gar negative Auswirkungen. Je jünger die Befragen, desto positiver ist das Bild der EU. 54 % der 15 bis 24-Jährigen bewerten Österreichs Mitgliedschaft positiv, bei den über 55-Jährigen sind es lediglich 33 %.

"EU wird unter ihrem Wert verkauft"

Josef Fanninger leitet das Europe Direct Zentrum Salzburg Süd am Standort Bischofshofen. "Die Zentren machen Europa für die Menschen vor Ort greifbar und ermuntern sie, sich in die Debatte über die Zukunft der EU einzubringen", heißt es am offiziellen Internetauftritt von Europe Direct. Für Fanninger liegt auf der Hand, weshalb die EU-Skepsis hierzulande nach fast 30 Jahren Mitgliedschaft derartig hoch ist: "Die EU wird in Österreich schlichtweg unter ihrem Wert verkauft." Wenn immer politisch etwas schlecht läuft, werde die Verantwortung nach Brüssel abgeschoben. Dieses Bild sei quer durch die Parteienlandschaft erkennbar. Erfolgreiche Projekte, für die die EU mitverantwortlich ist, würden hingegen auf nationaler und regionaler Ebene für sich verbucht. "Wenn überall EU-Fahnen hängen würden, wo Geld der Union drinnen steckt, würde blau unser Straßenbild prägen", meint Fanninger.

2015 als Wendepunkt?

Die positiven Seiten der Mitgliedschaft - von Erasmus über Schengen bis hin zur Friedenssicherung - würden mittlerweile viel zu oft "als Selbstverständlichkeiten erachtet". Dabei profitiere Österreich enorm. "Man muss sich ja nur anschauen, wie viele Arbeitskräfte aus östlichen EU-Ländern bei uns wichtige Jobs machen, für die man hierzulande kaum mehr Personal finden würde", gibt Fanninger zu bedenken.

Warum ist die Skepsis gegenüber der Union dann so hoch? Vor allem angesichts der Aufbruchstimmung, die nach dem Beitritt durchaus mancherorts geherrscht hatte. "Ich glaube die Migrationskrise 2015 war ein Wendepunkt, von dem sich die EU seither nicht erholt hat", vermutet Fanninger. "Österreich war damals verhältnismäßig stark betroffen und andere Länder haben sich nicht solidarisch gezeigt." Das habe das Vertrauen vieler Menschen in die Union wohl nachhaltig erschüttert, auch wenn der Krieg in der Ukraine und damit in Zusammenhang stehende Sicherheitsbedenken die Wertschätzung gegenüber der EU zuletzt wieder etwas gestärkt hätten.

Jugend kann überzeugt werden

Das größte Potenzial, um die Stimmung gegenüber der EU zu verbessern, ortet Fanninger "bei der Jugend." Bis zu 30 Workshops pro Schuljahr veranstaltet Europe Direct im Innergebirg. "Das Interesse an Europa ist da. Man muss den Wert der Union nur greifbar machen", ist Fanninger überzeugt. Die wichtigste Botschaft, die in den Schulklassen vermittelt wird, habe allgemeine Gültigkeit: "Macht von eurem Wahlrecht gebrauch und bestimmt über die Zukunft der EU mit", appelliert Fanninger.

Der Pongau und die Europawahl:

Die letzten EU-Wahlen im Jahr 2019 standen österreichweit im Zeichen der Ibiza-Affäre rund um den damaligen FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache. Das Video war rund eine Woche vor der Wahl publik geworden. Die ÖVP konnte unter dem damaligen Parteichef Sebastian Kurz profitieren. Im Pongau gewann sie die Wahl eindeutig mit 47,9 % der Stimmen (Bundesweit: 34,6 %). Platz zwei im Bezirk ging an die SPÖ mit 20,6 % (23,9), Platz drei an die FPÖ mit 16,5 % (17,2). Die Grünen belegten im Pongau mit 7,5 % (14,1) den vierten Platz vor den NEOS, die 6,5 % (8,4) der Pongauer überzeugen konnten. Die Wahlbeteiligung war im Pongau mit 58,5 % ähnlich hoch wie in ganz Österreich (59,8).

Sabine Klausner aus Bischofshofen kandidiert für die SPÖ auf Listenplatz 10.
Sabine Klausner aus Bischofshofen kandidiert für die SPÖ auf Listenplatz 10.

Bei der heurigen Europawahl ist Sabine Klausner (SPÖ) aus Bischofshofen die einzige Kandidatin aus dem Pongau, die auf den vorderen Listenplätzen der Parteien zu finden ist. Regionale Listen wie etwa bei der Nationalratswahl gibt es nicht. Echte Hoffnungen auf einen Sitz im Europaparlament braucht sich Klausner wohl keine zu machen. Die Pongauerin kandidiert auf Platz 10. In den (wenigen) Umfragen zur EU-Wahl liegt die SPÖ bei rund 23 %. Mehr als sechs Mandate zu erreichen, ist daher wohl unrealistisch.

Darum geht es bei der Europawahl:

An vier Tagen wird in 27 Ländern gewählt

Von 6. bis 9. Juni wählen Unionsbürger in den 27. Mitgliedsstaaten die Abgeordneten ihres Landes für das Europäische Parlament. Die Wahl findet an unterschiedlichen Tagen statt, um verschiedene Gewohnheiten zu berücksichtigen. In Österreich wird traditionell am Sonntag gewählt.

705 Parlamentarier können mitentscheiden

Das Parlament ist das einzig direkt gewählte Organ der EU. Gemeinsam mit dem Rat - in dem die Regierungen der Mitgliedsstaaten vertreten sind - entscheidet es über Gesetzesvorschläge, bringt Änderungsvorschläge ein und bestimmt den jährlichen Haushaltsplan. Das Parlament besteht aus 705 Abgeordneten aus allen Mitgliedsstaaten.

Am 9. Juni werden 20 Abgeordnete gewählt

Bisher ist Österreich mit 19 Abgeordneten im Parlament vertreten. Damit ist man in Relation zur Größe überproportional stark repräsentiert. Aufgrund des Brexits stehen Österreich heuer erstmals 20 Sitze im Parlament zu.

Sieben Parteien stehen in Österreich zur Wahl

Neben der bereits im Parlament vertretenen Parteien ÖVP (bisher 7 Mandate), SPÖ (5), FPÖ (3), Grüne (3) und NEOS (1) stehen am 9. Juni die KPÖ und die Liste "Demokratisch, Neutral, Authentisch" (DNA) am Stimmzettel.

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KOMMENTARE (2)

Eva Schwaiger

Wo ist der Wohlstand den uns diese EU gebracht hat, wo ist unsere versprochene Schilling Währung geblieben, wo ist der versprochene 1000 er der übrig bleibt ? Damals wurde die EWG geschaffen um einen Dauerhaften Frieden und Wohlstand für die Bevölkerung zu schaffen. EWG hätte genügt ! Diese EU Führung macht genau das Gegenteil. Diese EU Führung will die EU mit aller Gewalt in einen Krieg drängen. Diese EU Führung vernichtet ganz bewusst die Wirtschaft und die Arbeitsplätze und verschenkt unser Steuergeld. Migration und Kosten ganz zu schweigen. Während die eigene Bevölkerung zusehends verarmt. Handy Generation weiß nichts mehr davon wie Eigenständig, Wirtschaftlich potent, Weltweit angesehen dieses Österreich einmal war. Nein, die EU ist nicht Reform fähig.
Antworten

Eva Schwaiger

AP- Mit dem einstmals positiven Gedanken eines vereinten Europa ist die heutige weitab gedriftet - je ferner, zentralistischer Entscheidungen getroffen werden, dest nachteiliger für die eigene Bevölkerung, für jegliche Eigentaatliche Entscheidungsfreiheit !