Leistbares Wohnen war eines der Schlagworte bei den Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen 2024 in der Stadt Salzburg. Leerstand mag nur ein Puzzleteil in dem komplexen Gefüge der hohen Mietpreise sein, trägt aber sein Scherflein bei. Um Eigentümer zur Vermietung ungenutzten Wohnraums zu bewegen, trat im Bundesland Salzburg mit 1. Jänner 2023 das Leerstandsabgabegesetz in Kraft. Darunter fallen Immobilien, in denen mehr als 26 Wochen im Jahr kein Wohnsitz gemeldet ist - ganzjährig genutzte Zweitwohnsitze und Ferienwohnungen ausgenommen. Abgesehen davon, dass die Höhe der Leerstandsabgabe als Anreiz zur Wohnraummobilisierung laut Experten zu gering sei - die Untergrenze liegt bei 400 Euro jährlich bei älteren Bauten bis 40 qm -, sind schwarze Schafe nur schwer auszumachen. Denn es gibt bis dato in Salzburg keine fundierte Erfassung des Wohnungsleerstandes.
Früher hat man bei Volkszählungen den Leerstand nach Augenschein in eine Liste eingetragen. Wie geht man heute vor?
Die Statistik Austria erhob zuletzt bundesweit die Melde- und Gebäudedaten, um zu Leerstandszahlen zu gelangen. Demnach hatten mit Stichtag 31. Oktober 2021 in der Stadt Salzburg zehn Prozent der Wohnungen keine Wohnsitzmeldung, 5,2 Prozent waren Nebenwohnsitze. Im gesamten Bundesland lag bei 15 Prozent keine Wohnsitzmeldung vor. Doch wie aussagekräftig sind diese Zahlen? Wohnbauforscherin Inge Straßl vom Salzburger Institut für Raumordnung und Wohnen, kurz SIR, hat Erhebungen zum Leerstand durchgeführt. Sie kennt die Tücken.
Wieso ist Wohnungsleerstand so schwer zu erfassen?
Inge Straßl: Es mangelt an eindeutigen Zahlen und auch an der eindeutigen Definition. Ich habe mit einem Kollegen zwei Mal eine Erhebung anhand des Stromverbrauchs durchgeführt, um den Gesamtleerstand von Wohnungen in der Stadt Salzburg abschätzen zu können. Leerstand haben wir dabei als Wohnung ohne dauerhafte Nutzung definiert. Da man einzelne Stromzähler aufgrund des Datenschutzes nicht abfragen kann, haben wir das in einem Raster festgelegt. Das Ergebnis zeigte, dass es im Eigentum aus den 60er-/70er-Jahren den höchsten Leerstand gibt. 2014 kamen wir auf rund 4800 Wohnungen, die in der Stadt Salzburg leer standen, 2022 auf 3600. Wobei diese Zahlen nicht bedeuten, dass alles mobilisierbares Material ist. Einige Wohnungen waren vielleicht schon in einem Sanierungsprozess. Nach Bereinigung der Daten kamen wir auf 3500 Wohnungen im Jahr 2015 und auf 2500 im Jahr 2022, die leer standen und theoretisch mobilisiert werden könnten.
Worauf führen Sie den Leerstandsrückgang von 1000 Wohnungen in sieben Jahren zurück?
In diesem Zeitraum wurden viele Langzeitleerstände durch den Immobilienboom reaktiviert. Gleichzeitig hat die Technisierung der Wohnungen zugenommen. Viele der neuen Anlegerwohnungen haben im Leerstand bereits einen normalen Stromverbrauch, weshalb wir diese mit unserer Methode nicht erfassen. Denn wir können nicht sagen, steht die Wohnung leer oder wohnt darin zum Beispiel eine ältere Dame, die wenig Strom verbraucht.
Sind andere Städte bei der Erfassung des Leerstands weiter als Salzburg?
Ja, Innsbruck, Graz und Wien machen es bereits anders. Sie legen Gebäude- und Melderegister übereinander, was genauere Zahlen liefert. Es ist die Methode, die statistisch am attraktivsten ist. Wobei es auch hier zu Unschärfen kommen kann. In Salzburg musste man sich zum Beispiel früher auf die Adresse melden, nicht aber auf die konkrete Wohnung. Man weiß also bei älteren Mehrparteienhäusern oft nicht, wie viele der an dieser Adresse Gemeldeten zusammenwohnen. Bei einem Haus mit fünf Wohnungen könnten fünf Menschen in einer Wohnung leben und die restlichen vier Wohnungen stehen leer, oder es wohnt in jeder Wohnung eine Person. Um diese Fehldaten zu eruieren, muss die Verwaltung personelle Kapazitäten schaffen. Von Innsbruck weiß ich, dass ein eigenes Referat gegründet wurde, um den Datenfriedhof zu bereinigen.