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Gartenhofhäuser: Räumliche Nähe und Privatheit

Zu Besuch bei Architekt Fritz Lorenz in seiner Gartenhofhaus-Siedlung in Gneis. Einfamilienhäuser in der Gruppe - ein innovativer, bodensparender Ansatz aus den 70er-Jahren.

Architekt Fritz Lorenz auf seiner gemauerten Wohnlandschaft.
Architekt Fritz Lorenz auf seiner gemauerten Wohnlandschaft.

Nach wie vor sind mehr als 50 Prozent des Baubestandes in der Stadt Salzburg Ein- und Zweifamilienhäuser und immer noch ist laut Umfragen das Einfamilienhaus, trotz seines intensiven Flächenverbrauchs, die beliebteste Wohnform der Österreicherinnen und Österreicher.

Flächensparendes Konzept "Siedlungen aus Gartenhofhäusern"

Innovative Ansätze zu flächensparenden Konzepten gab es schon in den Sechziger- und Siebzigerjahren: Siedlungen aus Gartenhofhäusern, die die Qualitäten eines Einfamilienhauses optimal, wenn nicht sogar besser, einlösten, wurden errichtet - auch in der Stadt Salzburg. Architekt Fritz Lorenz wohnt nicht nur in einer solchen Anlage, sondern hat sie auch vor mehr als 50 Jahren selbst geplant: die Siedlung am Dominicusweg in Gneis, bestehend aus 19 Häusern mit jeweils etwa 130 Quadratmetern Nutzfläche.

Die Bauweise ermöglicht einen abgeschlossenen, uneinsichtigen Garteninnenhof.
Die Bauweise ermöglicht einen abgeschlossenen, uneinsichtigen Garteninnenhof.

Die bungalowartigen Gebäude sind schachbrettartig versetzt zueinander angeordnet. Die L-förmigen Häuser umgreifen jeweils einen Gartenhof, zu dem sich der Wohnraum mit großzügigen Fensterflächen öffnet. An den beiden anderen Seiten ist der Gartenhof eingebettet zwischen den Außenwänden der benachbarten Hofhäuser und wird so zu einer grünen Wohnoase, die sich durch eine optimale Privatheit auszeichnet. Die flach geneigten Satteldächer lassen Aussichten auf die Umgebung zu und die Sonne in die Gärten hinein.

Fritz Lorenz erzählt über die Entstehungsgeschichte der Siedlung: "Der Besitzer der damals noch großen Wiese hatte bereits eine Parzellierung vornehmen lassen, mit Grundstücksgrößen von über 1000 Quadratmetern für frei stehende Einfamilienhäuser. Es war damals nicht leicht, solche großen Grundstücke zu verkaufen, denn es ging vielen so wie uns: Wir konnten uns das einfach nicht leisten." Der Architekt stand in den Siebzigerjahren nicht nur am Anfang seiner beruflichen Laufbahn, sondern auch am Beginn der Familiengründung. Der inzwischen über 80-Jährige, der die Salzburger Architekturszene in den vergangenen Jahrzehnten entscheidend mitprägte, hatte eine ungewöhnliche Idee: "Ein Freund von mir war auch gerade auf Haussuche und gemeinsam sind wir an den Besitzer der Wiese herangetreten mit einem neuen Planungskonzept, das ihn überzeugte. Wir gründeten gemeinsam eine Gesellschaft zur Entwicklung und Vermarktung."

Privatheit entsteht im Gartenhofhaus durch die Baustruktur

Mit den Gartenhofhäusern konnten die Grundstücksgrößen verkleinert und damit finanzierbarer gemacht werden. Eine Parzelle ist im Durchschnitt 360 Quadratmeter groß. Das räumliche Zusammenrücken hat aber noch weitere Vorteile: Gegenüber dem konventionellen Einfamilienhaus, mit Garten rundherum, entsteht die Privatheit ganz selbstverständlich durch die Baustruktur. Es müssen keine Hecken und Mauern geschaffen werden, um die individuelle Freiheit des Hauses mühsam zu verteidigen.

Auch das Gemeinschaftsgefühl wurde unterstützt. "Durch die zusammenhängende Siedlungsform und die damals im gemeinsamen Besitz befindliche Straße und Kanalisation mussten wir viel als Gemeinschaft abstimmen, was manchmal kompliziert war, aber zu einer guten Nachbarschaft beigetragen hat. Sogar Straßenfeste haben wir in unserer Stichstraße veranstaltet", erzählt Lorenz. "Auch durch die vielen Kinder sind wir zusammengewachsen. Nach und nach, besonders mit dem Auszug der Kinder, haben die gemeinsamen Aktivitäten aufgehört. Derzeit wechseln einige Häuser den Besitzer, es ziehen wieder vermehrt junge Familien ein und das ist gut so."

Der Siedlung sieht man ihr Alter an. Schlicht und schnörkellos wirken die weißen Wände, einziges Gestaltungselement sind die Holzverschalungen im Dachgiebel. Vorgärten gibt es bei diesem Konzept nicht, die Gebäude wirken introvertiert. Das Haus in der zweiten Reihe wird, ganz ungewohnt, über den Gartenhof und die private Terrasse betreten.

Im Gegensatz zum äußerlichen Siebzigerflair zeigt sich das Hausinnere erstaunlich zeitgenössisch. Mit einfachen Mitteln wertige Qualitäten zu schaffen führte zu unkonventionellen Lösungen. Die Sofalandschaft, auf der das Interview geführt wird, ist eine bereits beim Rohbau gemauerte, weiß verputzte Sitzfläche. Ein paar Pölster darauf und fertig ist die gemütliche Wohnlandschaft. Auch das schlichte Abzugsrohr aus blankem Metall, das den halbhohen, verputzten Kamin mit der Decke verbindet, ist heute ein beliebtes Gestaltungsmotiv. Damals jedoch, kurz nach dem Einzug, kamen einige Nachbarn zu ihm und fragten, wann denn der Kamin endlich fertiggestellt und das Rohr verkleidet würde. Heute schmunzelt Fritz Lorenz über diese Anekdote.

Bewährt hat sich auch das selbst entworfene, händisch zu betätigende Sonnensegel über der Terrasse, das die grüne Oase komplettiert. Was sich in diesem Haus im Detail zeigt, zieht sich durch das Gesamtwerk des Architekten. Angemessenheit in der Wahl der Mittel und die angemessene Reaktion auf die Bedingungen und den Kontext sind Grundpfeiler seines architektonischen Werkes.

Fritz Lorenz' Wirken hat die Salzburger Altstadt für zeitgemäße, sensibel eingefügte Projekte geöffnet

Aus der Vielzahl seiner Projekte sind den Salzburgern vermutlich besonders der neue Zugang des Haus der Natur, der Umbau des Sternbräu in der Griesgasse und die markante Aufstockung eines Gebäudes am Max-Ott-Platz bekannt.
"Das Architekturbüro ist mittlerweile an meine Nachfolger übergeben. Dort habe ich noch einen Arbeitsplatz, wo ich noch einige wenige Aufträge, die mir gefallen, bearbeite. Schön, dass ich mir das jetzt aussuchen kann", sagt Fritz Lorenz, lächelt und prostet mir mit einem Glas Whiskey zu. Die Gestaltungsleidenschaft des Architekten scheint auch mit über 80 Jahren nicht an Kraft verloren zu haben.