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Zahnärztlicher Notdienst: Sie machen auf, wenn alle zuhaben

Wochenende, Zwickeltage, Feiertage: Immer dann wird das Notdienstzentrum der niedergelassenen Zahnärzte zur Anlaufstation für Notfälle.

Hilfe im Notfall garantiert: Wolfgang Tautschnig leitet den zahnärztlichen Notdienst.Hessenberger
Hilfe im Notfall garantiert: Wolfgang Tautschnig leitet den zahnärztlichen Notdienst.Hessenberger

Sonntagnachmittag in der Salzburger Glockengasse Nummer 6. Im Wartezimmer sitzen eine Frau und ein Mann, am Empfang erledigt eine Assistentin die Aufnahme der neu ankommenden Patientinnen und Patienten. Wenn ein Röntgen ansteht, ist sie auch dafür zuständig. "An ruhigen Tagen kommen 15 Menschen zu uns, an den wilden können es auch einmal 45 sein", sagt Dr. Wolfgang Tautschnig. Der Präsident der Salzburger Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde leitet das Notdienstzentrum der niedergelassenen Zahnärzte seit Anfang des Jahres und führt durch die Räume.

Rasche Hilfe: Wer sich zwischen 14 und 17 Uhr anmeldet, wird behandelt.
Rasche Hilfe: Wer sich zwischen 14 und 17 Uhr anmeldet, wird behandelt.

Gegenüber dem Behandlungszimmer mit den Stühlen und medizinischen Geräten macht er Halt und berichtet: "In das Notdienstzentrum kommen Menschen aus dem gesamten Bundesland und auch aus dem benachbarten Oberösterreich." Mit welchen Symptomen die Leute kommen? Tautschnig zuckt die Achseln: "Mit allem. Wenn die Krone herausgefallen ist - ebenso wie mit einer von einem Abszess geschwollenen Backe." Wer sich zwischen 14 und 17 Uhr anmeldet, wird behandelt. Die Ärzte versehen so lange ihren Dienst, bis alles erledigt ist. Selten, aber immer wieder komme es vor, dass ein Dienst bis Mitternacht dauert.

Niemand wird beim zahnärztlichen Notdienstzentrum weggeschickt

Neben den Notdiensten gibt es in den Räumen in der Glockengasse auch das Problembehandlungszentrum. "Das ist die einzige soziale Einrichtung in Salzburg, die Zahnsanierungen in Allgemeinnarkose durchführt für Patienten, die sich diese Behandlung nicht leisten können. Hierher kommen außerdem Kinder und beeinträchtigte Menschen." Einschlägig ausgebildete, feinfühlige Kolleginnen und Kollegen kümmern sich um jene Menschen, die sich - wenn überhaupt - nur schwer behandeln lassen.

"Niedergelassene hätten nicht die Kapazität, so viele Patienten zu versorgen."
Wolfgang Tautschnig
Zahnarzt

Extra bezahlt werden in beiden Einrichtungen nur Patientenwünsche wie Kunststofffüllungen oder Spritzen vor Behandlungen; ansonsten reicht es, die E-Card zu stecken. Während Tautschnig erzählt, dürfen die Eltern eines Kindes im Volksschulalter in den Behandlungsraum, in dem der Nachwuchs gerade eine Wurzelbehandlung bekommen hat. Der behandelnde Arzt spricht eindringlich mit den Eltern und sagt ihnen, dass Zähneputzen und regelmäßige Kontrollen dazugehören, wenn sie solche Eingriffe künftig vermeiden möchten.

Zurück zu den Agenden des Notdienstzentrums: 1997 wurde es gegründet; Sitz war damals in der Bergstraße. In ihrem Vertrag mit den Versicherungsträgern verpflichten sich niedergelassene Zahnärztinnen und Zahnärzte zum Bereitschaftsdienst. Diensthabende aus der Stadt und den Gauen arbeiten ein bis maximal zwei Mal im Jahr in der Glockengasse und bringen dazu ihr eigenes Team, also die Assistentinnen, mit. Das Dienstrad organisiert die Salzburger Zahnärztekammer.

Auch wenn der Name des Notdienstzentrums darauf hinweist, dass die Zielgruppe Notfälle sind, wird niemand weggeschickt, der kommt. "Ob es Schmerzen gibt oder eine Füllung kurz vor einem Vorstellungsgespräch herausgebrochen ist, wir sind da", sagt Wolfgang Tautschnig.

Dienst auch in der Pandemie

Rückblick in den März 2020: Als die Pandemie zum ersten Mal anrollte und die allermeisten Zahnärzte ihre Praxen schlossen, entschied sich das Team des Notdienstzentrums, offen zu halten und Patientinnen und Patienten trotz großer Unsicherheit zu behandeln. "Die Funktionäre der Zahnärztekammer haben entschieden, hier in der Glockengasse zentral die Leute zu triagieren. Wir haben ein Zelt vom Partyverleih geholt, darin hat das Rote Kreuz Fieber gemessen, bevor die Patienten zu uns in den ersten Stock konnten. Freiwillige Kollegen haben diese ersten, unsicheren Tage bedient - auch weil wir Schutzanzüge sowie FFP2- und FFP3-Masken hatten und arbeiten konnten." Menschen unbehandelt zu lassen stand nicht zur Debatte. Immerhin: Ein Abszess am Zahn oder im Kiefer muss behandelt werden, denn sonst können Bakterien unter Umständen in die Blutbahn eintreten - ein lebensbedrohliches Szenario.

Und heute? Da herrscht längst wieder Normalbetrieb. Tautschnig hat die Leitung des Notdienst- und Problembehandlungszentrums von Dr. Walter Keidel übernommen. Was dieser begonnen hat, setzt der Nachfolger fort - nämlich den Umbau in den Räumlichkeiten. "Nichts Großartiges" stehe an, sagt Tautschnig und deutet auf die Kästen hinten im Zimmer. Das meiste Inventar habe man aus der Bergstraße mitgenommen, es sei mehr als 20 Jahre alt und mittlerweile wackle einiges, von den Türen bis zu den Schubladen. Die Sterilisationszeile müsse neu gemacht werden, dazu kämen einige kleinere bauliche Veränderungen in den Räumen.

Was wäre, wenn es das Notdienstzentrum nicht gäbe? Tautschnig: "Gott sei Dank gibt es uns! Niedergelassene hätten nicht die Kapazität, so viele Patienten zu versorgen."